Das Wasserwerk Rumeln-Komplott

Verfasst am: 2017-07-29  •  Autor: Ferdi Seidelt  •  Fotos: Ferdi Seidelt, Zoltan Leskovar, Dirk Thomas

Das Wasserwerk Rumeln-KomplottDas Wasserwerk Rumeln-KomplottDas Wasserwerk Rumeln-Komplott

31. Juli 2017. Dieser Tag soll für tausende Haushalte in Rumeln und im benachbarten Kapellen ein guter werden. Denn an diesem Tag endet der 40-Jahre-Kontrakt, mit dem am 1. August 1977 der Düsseldorfer Regierungspräsident Dr. Achim Rohde das Wasserwerk Rumeln vom Stapel ließ, einem es schützenden Wasserschutzgebiet (WSG) inklusive. Und um dieses wird seit Monaten und Jahren vor und hinter den (politischen) Kulissen finessenreich gefochten.
Die Fakten: 2011 wurde das Wasserwerk Rumeln von der Duisburger Trinkwasserversorgung getrennt, die Stadtwerke Duisburg AG verkaufte die Anlage an ein Gewerbe im benachbarten Moers. Dieses verlegte eine Wasserleitung, die letztendliche „Durch­leitungs­erlaubnis“ erteilte die Stadt unter der Voraussetzung, dass vom Wasserwerk nur gewerbliches Brauchwasser zu fließen habe. So war unmissverständlich der Weg frei für das ersatzlose Auslaufen der auf 40 Jahre angelegten Trinkwasser-Schutzverordnung von 1. August 1977, und zwar pünktlich zum 31. Juli 2017.
Das hat überaus sympathische Folgen für Rumeln-West und Kapellen. Beispiele:
„Kanal-TÜV“: Mit Auslaufen der Verordnung werden die besagten rund 2500 Haushalte, vornehmlich in Rumeln, aber auch in Vennikel und Schwafheim, viele Millionen € im Sinne der Dichtheitsprüfung nicht mehr investieren müssen.
Auflagen bei Ölheizung: Nur in einem WSG müssen Haushalte regelmäßig die in ihrem Haus befindlichen Öltanks (ab einer gewissen Größe) vom TÜV überprüfen lassen. Die außerhalb und unterirdisch platzierten Öltanks müssen in einem WSG in sehr kurzen Abständen gecheckt werden. Ergebnis: etliche hundert Euro je Haushalt mit entsprechenden Öltanks.
Geothermie: In einem WSG sind bestimmte Formen der Erdwärmeförderung nicht erlaubt. Gestattet werden nur besondere Techniken. Für Umrüster oder Neubauer belaufen sich die Mehrkosten auf rund 10.000 Euro – Geld was in einem Nicht-WSG den Hausbau nicht zusätzlich verteuert.
Investitionen: Es mehren sich die gemeldeten Fälle, in den im straßennahen Bereich von Grundstücken (Vorgarten, Auffahrt) nicht investiert wird, da möglicherweise - bei durch den Kanal-TÜV festgestellten Defekten - zuerst einmal der Bagger anrücken muss.
Die zentrale Frage: Kann es sein, dass zugunsten eines gewerblichen Wasserwerk-Verwerters/Getränkeherstellers rund 2500 Haushalte nach wie vor mit dem Regelwerk der öffentlich-rechtlichen Trinkwasser-Schutzverordnung malträtiert werden?
Anders ausgedrückt: Unter Berücksichtigung der uns bekannten Vertragssituation kann es keinen Fortbestand des Wasserschutzgebiets über den 31. Juli 2017 hinaus geben, da die Ordnungsbehördliche Verordnung am 1. August 1977 auf 40 Jahre festgelegt worden ist und eben danach endet.
Hier ein diese Sichtweise bekräftigendes Zitat von Bezirksamtsleiter Rainer Sanner am 26. Mai 2011 in der Bezirksvertretung (Protokoll Seite 75): „Das Wasserwerk wird vom Trinkwasserversorgungsnetz abgetrennt. Das ist aus rechtlichen Gründen erforderlich, da die Erwerber das Wasser vornehmlich als Brauchwasser nutzen werden. Insofern kann von dort aus kein Wasser mehr in das öffentliche Netz eingespeist werden.“ Doch als dann der Getränkehersteller eine Leitung vom Wasserwerk zu seiner Fabrik fertiggestellt hatte, tauchte in der Durchleitungserlaubnis das Wort „Trinkwasser“ auf. Aufmerksam stemmte sich die Politik dagegen und konnte erreichen, dass erst dann Wasser floss, als statt „Trinkwasser“ der Begriff „Brauchwasser alleinig zu gewerblichen Zwecken“ im Vertrag verankert worden war.
Am 9. April 2015 informierte die Stadt die Bezirksvertreter wie folgt (Originalzitat): „Nur in dem Fall, dass künftig keine öffentliche Wasserversorgung aus der Wassergewinnungsanlage Rumeln erfolgt, wäre das WSG durch die Bezirksregierung Düsseldorf aufzuheben.“ Erneutes Nachhaken ergab den Schein, dass in der Tat alles nach Plan verlaufen dürfte. Insbesondere, da im Dezember 2016 Amtsleiter Carsten Alberts informiert wurde, dass der Verwaltungsvorstand der Stadt Duisburg sich auf die Seite der Bürger stellt, er eindeutig gegen die nicht sinnhafte zeitliche Verlängerung des WSG sei.
Andererseits recherchierte die örtliche Politik misstrauisch hier wie dort und bekam immer mehr das Gefühl, dass hier Schein und Sein nicht übereinstimmen.
- Der Duisburger Umweltdezernent Dr. Ralf Krumpholz machte in einem informellen Gespräch unmissverständlich klar, dass „man“, dass „grün“ um jedes Wasserschutzgebiet kämpfe.
- Regierungspräsidentin Annemarie Lütkes (Bündnis 90/Die Grünen) ließ sehr aufwändig eine Diskussion zu, in der auf einmal die ENNI Moers als Mit-Nutznießer der Wasserwerke-Rumeln-Rechte auftauchte.
- In den Baugenehmigungsbehörden der Stadt Duisburg werden explizit die Rechte des Saftherstellers betont, so als ob es sich bei ihm um die Stadtwerke handeln würde. Ergebnis: teure Auflagen für Häuslebauer.
- Die Stadt Duisburg hält sich erstaunlich zurück und tut kaum etwas, um ihrer Ausage vom Dezember 2016 Nachdruck zu verleihen. Man sei „eigentlich“ dagegen, heißt es nach wie vor. „Eigentlich“ gleich „egal“, oder was?
- Die Stadt Moers sagt ebenfalls nur das Nötigste, sitzt sie doch zwischen zwei Stühlen – hier der auf Expansionskurs befindliche potente Steuerzahler, dort rund 1000 Haushalte in Kapellen mit den beschriebenen Auflagen.
Wie aber nun, wie denn eigentlich konnte die ENNI ins Spiel kommen? In der Tat kann die ENNI auf ein gewisses Volumen an Rumelner Wasser zugreifen, wenn sie es denn braucht. Schließlich war irgendwann einmal interkommunal ausbaldowert worden, dass das Moers-nahe Rumeln im Notfall Kapellen versorgen möge. Das Dilemma für die ENNI und insbesondere den Getränkehersteller: Eine angeblich vorhandene Stadtwerke Moers-Leitung ist nicht mehr als Lebensmittel-Leitung nutzbar! Wäre sie das, könnte die ENNI „laufen lassen“ - und schon wäre der Trinkwasser-Status, wenn auch nur auf dem Papier, gegeben.
Da indes der Niederrhein in Trinkwasser geradezu ertrinkt und die ENNI das ihr zustehende Wasser auch über die Homberger Leitung bekommen könnte (das Leitungssystem ist durchgängig vermascht), muss nun ein Deal her, der mehr als nur ein Geschmäckle hat: Still und heimlich verhandelt wird aktuell mit Bauern, ob über ihr Land eine weitere, eine neue Trinkwasserleitung für die ENNI verlegt werden könnte.
Das Resultat, wenn denn die Gebietskörperschaften und deren Aufsicht wie schon bei der ersten Pipeline die Erlaubnis erteilen:
1 - Rumeln bedient über Nacht Moers mit Trinkwasser.
2 - Das Wasserschutzgebiet Rumeln bleibt erhalten.
3 - Ein Wasserschutzgebiet bedeutet für die Haushalte Millionen € an Kosten.
4 - Tausende Haushalte subventionieren indirekt einen Gewerbebetrieb.

Die Bevölkerung darf gespannt sein, wie das die Stadt Duisburg den Rumelner und die Stadt Moers den Kapellener Haushalten erklären wird! Oder ist es so, dass am 31. Juli 2017 doch die letzte Stunde für das WSG Rumeln geschlagen hat? Werden die Kommunen sich äußern? Wird die Regierungspräsidentin etwas sagen? In der Sitzung der Bezirksvertretung am 31. August 2017 steht das Thema ebenfalls an.
Zu unseren Bildern (zum Vergrößern bitte anklicken):
1 - Seit 2011 fördern die Stadtwerke Duisburg kein Trinkwasser mehr in Rumeln-Kaldenhausen. Die Anlage an der Bonertstraße werde bei immer weniger Menschen stadtweit und stets sparsamer werdenden Verbrauchern nicht mehr gebraucht, hieß es (Foto Ferdi Seidelt).
2 - Im Mai 2011 hatten die Stadtwerke Duisburg das kleine Wasserwerk in Rumeln-Kaldenhausen inklusive aller Anlagen, Gebäude und Grundstücke an einen expandierenden Getränkehersteller aus Kapellen, der vor allem für seine Fruchtsäfte bekannt ist, verkauft (Foto Zoltan Leskovar).
3 - Die Stadtwerke Duisburg betreiben zwei Wasserwerke in den Düsseldorfer Stadtteilen Wittlaer und Bockum (Bild). Aus ihnen werden die rechtsrheinischen Stadtteile südlich der Ruhr und nahezu der gesamte Westen Duisburg linksrheinisch mit Trinkwasser versorgt (Foto Dirk Thomas).

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