Das Straßenschild – das hin und wieder falsche Wesen!

Verfasst am: 2017-08-06  •  Autor: Ferdi Seidelt  •  Fotos: Ferdi Seidelt

Das Straßenschild – das hin und wieder falsche Wesen!

Wochenlang recherchiert Heimatforscher Heinz Billen die richtige Schreibweise eines Namens. Er lässt erst dann locker, wenn er „in alle Richtungen“ ermittelt hat. Umso erstaunter ist er, wenn bei einem nun wirklich sonnenklaren Fall die falsche Schreibweise geradezu bösartig vom Straßenschild grüßt. Da findet der der Rechtschreibung überaus kundige Ur-Kaldenhausener in seinem geliebten Viertel eine „Traarerstraße“. Richtig ist natürlich „Traarer Straße“, was seit Jahr und Tag ja auch in der Dudenregel 162.2 niedergeschrieben ist: Getrennt schreibt man, wenn eine Ableitung auf „-er“ von einem Orts- und Ländernamen vorliegt! Billen schelmisch: „Da müsste ich mal mit der Flex zwischen die Wörter und das kleine ,s' an den Ohren ziehen.“
Einen anderen Weg wählte da ein Rumelner Bürger: An der Allee am Friedhof (deshalb „Friedhofallee“ = Allee am Friedhof) grüßte seit Jahr und Tag fälschlicherweise die „Friedhofsallee“ (die Allee des Friedhofs). Das ging dem Einwohner dermaßen auf den Zeiger, dass er das überflüssige „s“ entschlossen überklebte.
Dem Genitiv sein Tod! ist ebenfalls das Fanal eines anderen Straßenschild-Machers, der die Zuwegung zur Ex-Zeche Alter Fritz „Bergwerkstraße“ nennt, obwohl in Steinwurfnähe (da wo die Steiger gewohnt haben) gleich zwei Schilder aus den 60ern Jahren als Rechtschreibhilfe zur Verfügung stehen, richtig ist nämlich „Bergwerksstraße“.
Die ehrenamtlichen Street-Deutschlehrer sind also hier wie dort. In Rheinhausen weisen innerörtliche Hinweise auf den Rumelner „Töppersee“ hin, derweil jedes Kind weiß, dass es der gute Emil Toepper war, der zum Behufe der Kiesgewinnung ab 1900 die Baggerschaufeln in den hiesigen Grund haute.
Prophet Jesaja hielt bereits im Alten Testament mit „Ich nenne dich bei deinem Namen und du bist mein!“ ein flammendes Plädoyer für die richtige Schreibweise (und Aussprache) von Namen. Das Statement zeitgemäß ausgedrückt: Es macht keinen Sinn, wenn sich Bürger „draußen amtlich“ orientieren – und dort steht es falsch. Doch die Wächter der Orthographie haben noch nicht fertig!
Denn ähnlich strubbelig wird es, wenn der werte Verkehrsteilnehmer den Sittardweg in Rumeln Richtung Lauersforter Wald befährt. Wären Stadtgrenzen noch sichtbare Schranken, müsste der Autofahrer in Höhe des dortigen Baggersees von gleich auf jetzt in die Eisen – hier wechselt die Stadtgrenze mal eben die Seite und ab sofort, da nunmehr in Moers-Vennikel gelegen, heißt die Piste „Sittardsweg“. Merke: Rumeln wähnten den Weg am Sittard, die Moerser aber tun den „Weg des Sittards“ kund. Diskussionsbedarf für die rechthaberische Duden-Fraktion.
Ebenfalls eine Bauchladung erleben Rheinhauser (kleine Eigenart: in Rheinhausen gibt es keine Rheinhausener), wenn sie die „Rheinhausener Straße“ zwischen Rumelner Straße und Dorfstraße sprachlich korrigieren, mithin um eine Silbe kastrieren wollen. Weil Rheinhausener, pardon Rheinhauser partout keine Rheinhausener sein wollen! Doch erreicht haben sie in dieser Hinsicht nichts, denn diese Chaussee liegt auf Rumeln-Kaldenhausener Hoheitsgebiet – und da gilt wie überall in Deutschland die weithin verbreitete Rechtschreib-Regel, das Bestimmungswort „Rheinhausen“ voll auszuschreiben und mit „-er“ abzuleiten, basta! Doch die düpierten Rheinhauser holten zum Gegenschlag aus. Hinter der Mühlenberg-Siedlung wurde stickum eine „Kaldenhauser Straße“ geschaffen, für Kaldenhausener eine Kriegserklärung.
Unter dem Strich bleibt festzustellen, dass es bei den genannten Straßennamen zwei Sonder-Kategorien gibt. Eine Gruppe besteht schlichtweg aus falsch geschriebenen Wörtern. Das ist doof. Denn ebenso wie der Name einer Stadt oder einer Schule dient ein Straßenname vor allem der Orientierung. Er soll gewährleisten, dass innerhalb eines besiedelten Gebietes der gewünschte Bestimmungsort eindeutig bezeichnet und aufgesucht werden kann. Sorte zwei sind die Straßen, die Kommunen miteinander verbinden und wo die Städte mit ihren jeweiligen Schreibweisen am Start sind. Das kommt hin und wieder Schilda-ähnlich daher, liefert aber immer Stoff für Bordstein-Palaver.
Der Typus „Keiner weiß Bescheid!“ sei schließlich auch noch erwähnt. So streiten sich kundige Bürger, ob die Südtangente zwischen Uerdingen und Kaldenhausen/Mühlenberg „Charlottenring“ oder „Charlottering“ heißt. Ist es der Namen eines Mädchen, einer Kartoffel oder eines Apfels? Weit gefehlt. „Charlotte“ ist auch der Name von gleich elf Kommunen in den USA und der Ort aus North Carolina ist die Partnerstadt von Krefeld. Soviel zu diesem Thema…
Zu unserem Bild:
Heinz Billen juckt es geradezu in den Fingern, das falsch geschriebene Straßenschild in seinem Kaldenhausen zu korrigieren. Das wird nun wohl erfolgen, da es am 31. August in der Bezirksvertretung hierzu (und zu anderen Fehlern) einen entsprechenden Antrag geben wird.

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