Die Hälfte vom Ball für die Frauen! (1)
Text: Chantal Louis – Fotos: Norbert Schinner, Fritz Kress, Getty Images
1997! Gut waren sie, die deutschen Fußball-Europameisterinnen. Die waren so gut, dass sie am 9. Oktober im Duisburger Wedau-Stadion 3:1 gegen die Olympiasiegerinnen aus den USA gewannen. Obwohl sie keine Profis waren wie die Amerikanerinnen, sondern „nur“ Amateurinnen. So guten Fußball machten die deutschen Fußballerinnen - und noch besseren, wenn man sie nur gelassen hätte. Auf dem Platz überzeugten die Rumelnerinnen Melanie Hoffmann, Sandra Smisek und Martina Voss, ferner die späteren Löwinnen Sonja Fuss, Silke Rottenberg und Kerstin Stegemann. Die feministische Publikumszeitschrift EMMA beginnt wenig später mit einem Spielbericht der ganz besonderen Art eine vielbeachtete Kampagne für den Frauenfußball. Nachstehend das Zeitdokument Teil 1, geschrieben von Chantal Louis, veröffentlicht am 1. Januar 1998:
Duisburg. Das Stadion. Die Gelsenkirchener Blaskapelle von der Zeche Hugo hat die letzten Takte der deutschen Nationalhymne gespielt, die uniformierten Männer mit den rot bepuschelten Mützen marschieren vom Fußballfeld. 19 Uhr. Die Schiedsrichterin pfeift an. Der Ball ist in Bewegung. Die Tribüne auch.
„Rechts, links, rechts, links...“ Fünf Mädchen zwischen acht und zehn üben das rhythmische Schwenken ihrer Deutschlandfähnchen für den Erfolgsfall. „Guckt euch dat gut an, wie die spielen. Nächste Woche beim Training machen wir dat genauso!“ brüllt eine Frau mit kurzen blonden Haaren und Windjacke zum Mädchentrupp auf der Bank.
Auch die Transparente am Tribünengitter des Duisburger Wedau-Stadions künden von weiblicher Unterstützung: „TV Millingen Mädchen grüßt die Damen-Nationalmannschaft“ steht da in buntgepinselten Buchstaben oder „Der EMMA-Club Köln grüßt die Europameisterinnen!“
Es regnet in Strömen, der Himmel hat die typisch blaugraue Gewitterfarbe, die deutsche und die amerikanische Nationalflagge knattern im lauwarmen Wind. Diejenigen, die das Pech haben, vor dem Tribünendach zu sitzen, werden trotz ihrer Kapuzen klatschnass. Macht aber nix. Schließlich verspricht das hier ein verdammt spannendes Spiel zu werden: Die Olympiasiegerinnen USA gegen die vierfachen Europameisterinnen Deutschland.
Schon in der vierten Minute passiert die Katastrophe: Die amerikanische Stürmerin Kristine Lilly zieht ab, der Ball fliegt an Torfrau Silke Rottenberg vorbei - Tooor! Eins zu null für die Amerikanerinnen. „Da spielen wir ja besser!“ mault Lianna, 10, von den Deutschlandfahnenschwenkerinnen. „Wenn die verlieren, tausch' ich die Fahne wieder um!“ Aber erst mal mit ordentlich Anfeuern versuchen. Ehrensache. Die Mädchen-Bank organisiert zuerst einen Schwung La Olas und grölt dann stehend: „USA vor, noch ein Tor, Deutschland hinterher, tausend Tore mehr!“ „Ich bin ganz aufgeregt!“ brabbelt Nina, 11, und schiebt sich ein Stück Schokolade in den Mund. Nach zehn Spielminuten hat der ganze Girlstrupp den Proviant ausgepackt und mampft im Eiltempo nasse Chips und Kekse.
Das hier ist das erste große Fußballspiel für Nina, Lianna und den Rest ihrer nagelneuen Fußballmannschaft vom DJK Vierlinden. Erst seit sechs Wochen hat der Verein in der Nähe von Duisburg nach langem Trara ein Mädchenteam - sogar eins mit zwei weiblichen Trainern: Wera Chilla und Gabi Borgmann, beide um die 40, setzten sich resolut gegen den männlichen Trainingsanwärter durch, was nicht so einfach war, „weil die uns in dem Verein ja nicht zutrauen, dass Frauen wissen, was Abseits oder ein Libero ist.“ Aber die beiden wollten, „dass die Mädchen von Frauen trainiert werden“. Jetzt hat der älteste Traditionsverein am Ruhrpott-Rand seine erste Mädchenmannschaft plus Trainerinnen.
Ein Raunen geht durchs Stadion. Die deutschen Spielerinnen sind dicht vorm amerikanischen Tor, das Raunen wird lauter, Spielführerin Martina Voss flankt, Stürmerin Sandra Smisek wirft sich in den Ball, fliegt einen Augenblick waagerecht durch die Luft und köpft. Tooor! Eins zu eins in der 27. Minute! Die Zuschauerinnen und die Zuschauer-Minderheit springen von den Bänken auf, das Stadion bejubelt das akrobatische Tor. Das hätte das Zeug zum „Tor des Monats“, aber das Fernsehen ist bei diesem Länderspiel nicht dabei. Schließlich spielt hier nicht der deutsche Europameister, hier spielen die deutschen Europameisterinnen.
Von jetzt an hat das deutsche Team die Oberhand. Noch morgens hat daran eigentlich niemand so recht geglaubt. „Wir haben gestern Spiel-Videos von denen geguckt“, hatte Libera Doris Fitschen auf dem Weg zum Training beeindruckt erzählt. „Die Amis sind voll fit. Wenn die heute Abend auch so spielen, sehen wir alt aus!“ - „Wir spielen heute Abend gegen die beste Mannschaft der Welt“, meinte Martina Voss, „und da können wir nur versuchen, möglichst gut auszusehen.“
Dass „die Amis“ bei den Fußballerinnen ein gefürchteter Gegner sind, ist kein Wunder: In den USA ist Fußball als Sportart für Frauen anerkannt und wird dementsprechend gefördert. Zur halbjährigen Olympiavorbereitung 1996 stellte der amerikanische Fußballverband die Spielerinnen zu einem festen Gehalt ein, und Stürmerin Mia Hamm prangte neben Tennisstar André Agassi auf den Plakaten in Atlanta. Und in dieser Saison gab es den Versuch, eine US-Profi-Bundesliga zu schaffen.
Auch in Italien, China, Schweden, beim Weltmeister Norwegen und in Japan gibt es Berufsfußballerinnen. In Japan arbeiten Spielerinnen nur halbtags, der Rest des Tages steht fürs Training zur Verfügung – bezahlt.
„Ich gehe morgens um Viertel nach sechs aus dem Haus zur Arbeit bei der Telekom und bin nachmittags um halb fünf wieder da. Viermal die Woche trainieren wir von sieben bis neun“, erzählt die „Fußballerin des Jahres 1997“, Bettina Wiegmann. Von Montag bis Freitag geht die Elektronikerin arbeiten, trainiert wird abends, und am Wochenende hat die Mittelfeld-Spielerin beim rheinländischen Grün-Weiß Brauweiler Bundesliga-Spiele.
Stundenlang sitzen die Fußballerinnen dann oft im Bus. Zum Fliegen fehlt den Frauen-Vereinen, von denen einige nicht mal einen Trikotsponsor haben, schlicht das Geld.
Nicole Müller, mit 17 das Teamküken - heute Abend ist ihr erstes „richtiges“ Länderspiel -, macht gerade eine Ausbildung zur Arzthelferin. Sie hat zwar Glück mit ihrem fußballbegeisterten Chef, der sich ihre Spiele sogar ansieht, aber ihr ganzer Urlaub ist schon für Fußball draufgegangen. Für die drei Tage, die sie jetzt gefehlt hat, um sich mit ihrer Mannschaft vorzubereiten, zahlt der Deutsche Fußball-Bund den Verdienstausfall.
„Die Spielerinnen arbeiten, trainieren, schlafen, arbeiten, trainieren, schlafen“, sagt Nationaltrainerin Tina Theune-Meyer. Das funktioniert nur mit absoluter Fußball-Leidenschaft. „Die lieben ihren Sport“, nickt die Co-Trainerin, Ex-Nationalspielerin und gelernte Verkäuferin Silvia Neid. Wenn sie könnten, würden sich alle für ein Profi-Dasein entscheiden, wissen die Trainerinnen von ihrem Team.
Dass zwei Frauen eine Nationalmannschaft trainieren, das gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. Die beiden bestanden ihre Feuerprobe 1996 bravourös: Die „deutschen Damen“ gewannen im Sommer unter ihrer Frauen-Führung die Europameisterschaft - womit im DFB niemand gerechnet hatte. „Viele haben vorher gesagt: Na, mal gucken, ob das mit den beiden klappt“, erzählt Silvia Neid. „Aber jetzt ist Ruhe!“
Als am Vormittag vor dem Spiel auf einer Wiese neben dem Wedau-Stadion „Zwei gegen fünf“ gespielt wird, steht Tina Theune-Meyer, die erste Frau Deutschlands, die eine „Fußballlehrer-Lizenz“ erwarb, ganz still am Rand, beobachtet, wie die Bälle übers Gras fliegen, und lächelt still in sich hinein.
Die 42jährige Pastorentochter aus dem niederrheinischen Kevelaer hat fünf Schwestern und eine verständnisvolle Mutter. „Meine Mutter hat immer gesagt: ‚Meine Mutter durfte nicht Fahrradfahren. Warum soll ich dir das Fußballspielen verbieten?“
Die Oma hatte sich, allen Verboten zum Trotz, dennoch aufs Rad geschwungen und wurde so zum „Schrecken des Dorfes“. Die Enkelin wurde Fußball-Nationaltrainerin. Zum „Schrecken der Spielerinnen“ allerdings nicht - Tina Theune-Meyer entspricht so gar nicht dem Typus „Grölender Trainer“. Ihre Spielerinnen haben sichtlich Spaß beim Training. Es wird gegiggelt, gelacht und gelobt. „Super, Vossi!“ - „So machen das die Amis!“ - „Gutes Forechecking!“. Dass es anfängt zu nieseln, stört niemanden, Trainerin Theune-Meyer bricht das Training erst ab, als es in Strömen gießt.
Vor dem Mittagessen noch Dehnübungen in der Turnhalle („Das Bein kann noch höher, da ist noch was drin!“), danach ist Schlafen angesagt. Schließlich müssen unsere Mädels heute Abend fit sein. Gegen fünf bricht dann die Zeit an, „wo wir alle fünf Minuten aufs Klo rennen“. Da ist die sichtlich aufgeregte Nicole, die heute Abend ihren Debütantinnenball schießen wird, nicht die einzige. Als die Spielerinnen gegen sechs zum Bus ins Stadion gehen, stehen fünf Autogrammjäger vor der Sportschule. Lässig ziehen sie ihre Autogrammkarten aus der Tasche und signieren.
Die Zahl der Frauschaften im DFB wächst sprunghaft: von rund 1.700 im Jahr 1972 - zwei Jahre, nachdem die DFB-Herren dem Druck der Damen nachgegeben und das 1955 verhängte Fußballverbot für Frauen aufgehoben hatten - auf mittlerweile fast 5.000. Fußball ist nicht nur bei den Männern Teamsportart Nummer eins: Über 700.000 weibliche Mitglieder hat der Deutsche Fußball-Bund heute, und jedes sechste ist unter 16 Jahre.
Die Kickerinnen aus den jüngeren Frauschaften sind es auch, die maßgeblich die Ränge in den Stadien füllen. „Das ist süß, die himmeln uns richtig an“, erzählt Doris Fitschen. „Die fragen dann nach dem Spiel: Darf ich dein Stirnband haben?'“
Auch an diesem Abend strömen massenhaft Mädchen an die Stadionkassen. Ein gutes Drittel der Fans dürfte weiblich und unter 20 sein, gebündelt in Elfer-Trupps in Vereinskluft. Kleinstkickerinnen müssen sich unter den wachsamen Augen ihrer TrainerInnen zu zweit an den Händen fassen, damit sie im Getümmel nicht verlorengehen. Grün-weiße, blau-gelbe oder schwarz-rote Zweierreihen mit einem Durchschnittsalter von zehn Jahren schieben sich durch den Gittereingang auf die Tribüne zu.
„Die Frauen spielen technisch sauberer“, tönt Melanie, 10, seit zwei Jahren Stürmerin beim SVG Neuss-Weißenberg. Deshalb will Melanie die Frauen sehen. Ihre elfjährige Sturmgefährtin Simge will auch die Frauen sehen: „Frauen sind lieber.“ Ob sie die Namen der Nationalspielerinnen kennen? Betretenes Kopfschütteln bei den fünf Neuss-Weißenbergerinnen. „Das wird ja auch nirgendwo publik gemacht“, entschuldigt Trainer Hans Tils die Wissenslücken seiner Frauschaft. „Selbst wir Älteren haben ja Schwierigkeiten mit den Namen der Nationalspielerinnen!“
Der neunköpfige Mädchentrupp vom VfL 08 Repelen kennt die Namen der Spielerinnen, aber der ist auch schon älter: zwischen elf und 16. Die Mädchen finden Fußball „voll cool“ und Vorurteile gegen fußballernde Frauen „beschissen, ey! Wir haben auch das Recht, Fußball zu spielen!“ Was die Jungs aus ihrer Klasse manchmal anders sehen. Denen ist die Mädchenbündelei unheimlich. „Die Jungs lachen uns aus, die sagen: Was, du spielst Fußball? Haha!“
Dass sie heute nicht irgendein Spiel, sondern das der weiblichen Nationalmannschaft sehen, finden sie „voll wichtig“. „Von denen können wir uns wat abgucken“, sagt Melissa. „Von den Männern können wir uns ja auch wat abgucken. Aber die Frauen... die sind irgendwie wie wir. Das sind Vorbilder sozusagen.“
Auch massig Jungs in Trainingsanzügen, mit Deutschlandfahnen oder schwarz-rot-gold angemalten Gesichtern stehen im Regen in den Schlangen, die jetzt, zwanzig Minuten vor dem Anpfiff, langsam kürzer werden. Eine grün-weiße deutsch-türkische Jungenhorde von etwa 1,20 Meter Höhe zieht vorbei. Über die spielerischen Qualitäten der Fußballfrauen ist man im Zweifel: „Gut!“ brüllen die einen, „Schlecht!“ die anderen. Ob die Nationalspielerinnen auch für sie Vorbilder sind? Die Jungs gucken, als seien sie ernsthaft gefragt worden, ob Regenwürmer lecker schmecken. „Nee - die Männer sind Vorbilder!“
Das ältere Ehepaar hinter ihnen hat grün-blaue Sitzkissen in einer Stofftasche dabei. Herr und Frau Weikam gehen oft zusammen ins Stadion, zum Beispiel auch zu den Duisburger Bundesligistinnen von Rumeln-Kaldenhausen, dem Verein von Mannschaftskapitänin Martina Voss. Die beiden 63jährigen haben noch erlebt, dass Frauen im DFB Fußballverbot hatten und man ihnen für Zuwiderhandlung Brustkrebs und O-Beine prognostizierte.
„Das Treten ist wohl spezifisch männlich; ob darum Getretenwerden weiblich ist, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls ist das Nichttreten weiblich“, befand der Wissenschaftler Fred J. J. Buytendijk in seiner Studie „Das Fußballspiel“ in den 50er Jahren. „Oh, damals hätt' ich ja selber gern gespielt, hörnsema“, schwärmt Frau Weikam. „Aber als et dann erlaubt war, waret ja für mich zu spät!“
Auch an der Grenze zum dritten Jahrtausend fühlt sich die geballte Männlichkeit durch fußballernde Frauen und ihren Rollenbruch par excellence immer noch in ihren Grundfesten erschüttert. Lianna, Nina und die anderen vom DJK Vierlinden sind nicht allzu gut auf die Jungs zu sprechen. „Pampers-Mannschaft sagen die zu uns.“ - „Aber“, verkündet Nina mit Blick auf das Fußballfeld, „dat Beste is: Wir störn uns da gar nich dran!“
Auch Laura haben die Mädels schon unter ihre Fittiche genommen. „Wenne älter biss, kommsse dann zu uns, nä, Laura?“ Laura nickt. Sie kann mit ihren sieben Jahren noch bei den Jungs mitspielen. Erst mit zwölf, wenn die Kinder eine Frau zu werden drohen, hat das Spiel ohne Geschlechter-Grenzen laut DFB-Vorschrift ein Ende. Die zweite Halbzeit läuft, die deutschen Spielerinnen machen Druck aufs Tor der Amis. „Renn - renn - renn - renn!“ schreit Sarah von den Vierlindenerinnen schrill im Stehen.
Mittelfeldspielerin Pia Wunderlich rennt. Und schießt und - Tor!!! Zwei zu eins durch Torschützin Pia Wunderlich in der 52. Minute! Jubel! Seit 30 Länderspielen sind die Amerikanerinnen unbesiegt.
Der Stadionsprecher meldet sich mit einer zweiten guten Nachricht zu Wort: „Meine Damen und Herren, 7.050 Zuschauer sind heute im Wedau-Stadion!“ Riesenapplaus für die Zahl, die Tina Theune-Meyer später in der Pressekonferenz als „Riesenpublikum“ bezeichnen wird. 30.000 ZuschauerInnen passen ins Wedau-Stadion. Von vornherein wurde nur die Tribüne geöffnet, damit nicht halbleere Ränge für miese Stimmung sorgen.
Ohne ZuschauerInnen kein Medieninteresse, ohne Medieninteresse keine Sponsoren und keine Zuschauer - ein Teufelskreis. Die Bundesligaspiele der Damen finden selten vor mehr als tausend ZuschauerInnen statt. Das reicht in der Regel noch nicht mal fürs Regionalfernsehen.
Immerhin übertragen ARD und ZDF, die es noch vor zwei Jahren auf ganze vier Stunden Frauenfußball im Jahr brachten, neuerdings regelmäßig die Länderspiele, zumindest, wenn es sich um Meisterschaftsspiele handelt. Einfache Qualifikations- oder Freundschaftsspiele wie das heutige finden meist keine Gnade, schon gar nicht, wenn sie zur Hauptsendezeit stattfinden. Selbst wenn es sich dabei um die Begegnung zwischen der Olympiasiegerin und der Europameisterin handelt.
Um überhaupt Live-Übertragungs-Chancen zu haben, finden die Nationalfrauschaftsspiele inzwischen meist nachmittags statt. Was die Zuschauerzahlen wiederum nicht unbedingt in die Höhe treibt. Eine stolze Million ZuschauerInnen saßen dennoch am 25. September beim WM-Qualifikationsspiel gegen England vorm Fernseher, 2,7 Millionen waren es beim siegreichen Europameisterschafts-Endspiel am 12. Juli gegen Italien, bei dem auch Frauenministerin Claudia Nolte zum Gratulieren mit Sekt aufs Spielfeld rannte.
6.000 Mark Prämie pro Person bekamen die Spielerinnen für die gewonnene Europameisterschaft. Was durchaus ein Fortschritt ist, denn der Preis für den ersten EM-Titel 1989 war ein Kaffeeservice. Die Männer-Prämie für den letzten Titelgewinn belief sich auf 250.000 Mark. „Wer nichts einspielt, kriegt auch keine Prämie“, hatte DFB-Präsident Egidius Braun, der beharrlich von „Mädchenfußball“ spricht, wenn er die Frauen-Nationalmannschaft meint, die Frage der Reporter nach der mickrigen Entlohnung der Damen beantwortet.
„Die Männer spielen das Geld ein, der Frauenfußball macht nur Defizite“, bestätigt Hannelore Ratzeburg, seit zwei Jahren erstes und einziges weibliches Mitglied des DFB-Vorstandes, warum auch sie im Fußballbund eine Profi-Bundesliga für unmöglich hält. „Aber für nur 27 Jahre Frauenfußball haben wir doch schon eine Menge erreicht.“
Medien und Sponsoren den Frauenfußball besser anzupreisen, sei „nicht Aufgabe des DFB, sondern die der Vereine.“ Die müssten bessere Kontakte zur Presse pflegen oder könnten ja mal Kuchen backen und den Erlös in die Vereinskasse legen.
Und dann gibt es beim Anpreisen noch ein Problem: „Der Frauenfußball ist in so einer Emanzen-Schublade drin, aus der man nur ganz schwer rauskommt!“ bedauern Ulrike Ballweg und Christine Fütterer, das einzige Trainerinnen-Team der Bundesliga.
Doch immerhin: 80 Tage lang hat die Damen-Nationalmannschaft in diesem Jahr zusammen trainieren können, was laut Tina Theune-Meyer „früher nicht möglich gewesen wäre.“ „Inzwischen wirst du sogar auf der Straße erkannt“, freut sich Mannschaftskapitänin Martina Voss, „das war vor fünf Jahren noch anders. Aber das funktioniert eben nur, wenn wir öfter im Fernsehen sind.“
Der Versuch des DFB, mit der Einführung der sogenannten eingleisigen Bundesliga in dieser Saison einen Sponsor zu finden, ist aber vorläufig gescheitert. Die Liga müsse sich ja auch erst noch bewähren, sagen die einen. Die Sponsorensuche des DFB sei von vornherein halbherzig und „eine Lachnummer“ gewesen, sagen die anderen.
„Natürlich würden wir gern unter solchen Bedingungen trainieren wie die Amerikanerinnen“, bedauert Spielführerin Voss. „Aber das ist im Moment nicht drin.“ - „Ich muss die Frauen-Profiliga nicht mehr erleben“, sagt die schwarze Abwehrchefin Steffi Jones aus Praunheim, genannt „Schoko“. „Aber ich will mein Bestes dazu beitragen, dass es eine geben wird.“
Abpfiff. Nina jubelt. Und mit ihr die Vierlindener Gang und die ganze klitschnasse Tribüne. Das deutsche Team hat gesiegt - eine Sensation! Nach dem drei zu eins von Birgit Prinz - die erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt werden konnte, weil sie in ihrer Schule nicht fehlen durfte - sitzt niemand mehr.
„Wir werden mal die Nachfolger der deutschen Nationalmannschaft der Frauen“, verkündet Klein-Nina von der DJK Vierlinden sehr feierlich mit Blick in die Ferne. Wenn es mal soweit ist, wird Nina ja vielleicht ein echter Profi.
Zu unseren Bildern (zum Vergrößern bitte anklicken):
8. Juni 1997, Homberg: DFB-Abteilungsleiter Willi Hink und NRW-Sportministerin Ilse Brusis gratulieren FCR-Coach Michael Wiegelmann zur Vize-Meisterschaft, vier Monate später gastieren die USA in Duisburg. Foto: Norbert Schinner
Kristine Lilly (geb. 22. Juli 1971) hat zwischen 1987 und 2010 sensationelle 352 Länderspiele für die USA absolviert, dabei 130 Tore erzielt. Sie traf 1997 in Duisburg zur Gäste-Führung, doch die deutschen Frauen drehten das Spiel. Foto: Getty Images
2. Juni 2002, Waldborn-Platz: FCR - SC Freiburg 4:1, Tina Theune-Meyer (Bundestrainerin von 1996 bis 2005) und der Vorstand des FCR 2001 mit von links Reinhold Bresonik, Ferdi Seidelt und Uschi Baak. Foto: Fritz Kress
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